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Das Projekt GLOWA-Danube
1. Einleitung
Der Globale Wandel, der die Summe der Veränderungen
der Lebensbedingungen der Menschen
auf der Erde durch immer stärkere Eingriffe in die
natürliche Umwelt bezeichnet, verändert zusehends
die Rahmenbedingungen, unter denen die
Menschen in Zukunft leben werden. Klimawandel,
zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft,
Landnutzungsänderungen, demographische
Veränderungen, Bevölkerungswachstum,
Mobilität, Wasserverschmutzung und die zunehmende
Nutzung erneuerbarer und nicht erneuerbarer
natürlicher Ressourcen sind in diesem Zusammenhang
wichtige Faktoren. Da Tempo und
Ausmaß des Globalen Wandels zunehmen und
seine Folgen in immer größerem Maß sichtbar
werden, wird es immer wichtiger, frühzeitig Maßnahmen
sowohl zur Vermeidung bzw. Abschwächung
der Auswirkungen als auch zur Anpassung
an die unvermeidbaren Folgen in die Wege zu
leiten.
Die Oberfläche der Erde ist zu über 70% mit Wasser
bedeckt. Der Süßwasseranteil beträgt nur
2,53%, wovon Mensch und Ökosysteme nur einen
Teil nutzen können, da etwa zwei Drittel der
Süßwasservorräte in Gletschern und ständigen
Schneedecken gebunden sind. Wasser ist ein Lebensmittel
sowohl für den Menschen als auch für
die Natur. Es wirkt damit in alle ökonomischen,
kulturellen, sozialen und ökologischen Bereiche
hinein. Der Wasserkreislauf auf dem Festland der
Erde erfüllt im Zusammenspiel mit der Biosphäre
zentrale ökosystemare Dienstleistungen, wie zum
Beispiel die Bereitstellung von Verdunstungswasser
für die Nahrungsmittelproduktion, die Reinigung
des Wassers und der Ökosysteme, den
Transport natürlicher und menschlicher Abfälle
sowie die Bereitstellung von Industrie- und Trinkwasser.
Er ist damit Grundlage für funktionierende
Stoffkreisläufe und für eine stabile Umwelt.
Wasserverfügbarkeit, Wasserqualität und Wassernachfrage
werden sich in den nächsten Jahrzehnten
durch den Einfluss des zu erwartenden
Klimawandels sowie der sich abzeichnenden Änderung
der Bevölkerungs- und der Industriestruktur
global wie regional in massivem Umfang ändern. Hierbei ist zu erwarten, dass sich bestehende
Konflikte bei der Nutzung von Wasser verschärfen
und neue, bis jetzt noch nicht absehbare
Konflikte entstehen werden. Globale Veränderungen
wirken sich auch regional aus. Aus diesem
Grund werden vor allem im Rahmen der zu
ergreifenden Maßnahmen zur Adaptation an den
Globalen Wandel die regionalen Gegebenheiten
unter natürlichen, kulturellen, wirtschaftlichen
und politischen Gesichtspunkten zu berücksichtigen
sein.
Vielschichtige administrativ-politische Rahmenbedingungen
(z.B. die EU-Wasserrahmenrichtlinie
oder die EU-Agrarreform mit der Agenda
2007) sollen dafür sorgen, dass in Zukunft die
Nutzung des Wassers durch die unterschiedlichen
Akteure nachhaltig gestaltet wird. Sie
müssen regional in den betroffenen Einzugsgebieten
umgesetzt werden, wobei als übergeordnetes
Ziel eine nachhaltige Gesamtentwicklung
unter sich verändernden natürlichen und ökonomisch-
sozialen globalen Rahmenbedingungen
anzustreben ist. Dies setzt abgestimmtes, disziplin-
und nutzungsübergreifendes Umweltmanagement
voraus. Zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit
der natürlichen Ökosysteme müssen
Konflikte zwischen widersprüchlichen Wassernutzungen
und Wasseransprüchen gelöst
werden. Modernes, auf Nachhaltigkeit abzielendes
Umweltmanagement kann auf Einzugsgebietsebene
dieser komplexen Aufgabe nur gerecht
werden, wenn die durchzuführenden Maßnahmen
zum einen durch detaillierte Analysen
der Folgen unterschiedlicher Entwicklungsszenarien
abgesichert und zum anderen von breiter
Akzeptanz bei den Betroffenen begleitet und
unterstützt werden. Hierfür werden transparente,
die Stakeholder einbeziehende Werkzeuge
zur Entscheidungsunterstützung benötigt.
Der Projektverbund GLOWA (Globaler Wandel
des Wasserkreislaufs, www.glowa.org) wurde
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) mit dem Ziel ins Leben gerufen,
die regionalen Auswirkungen des Globalen Wandels
auf die Wasserressourcen anhand ausgewählter Einzugsgebiete zu untersuchen, die fehlenden
Instrumente für ein nachhaltiges Umweltmanagement
auf der Ebene von mittleren Einzugsgebieten
zu entwickeln und Handlungsoptionen
für ein zukünftig nachhaltiges, integriertes
Einzugsgebietsmanagement unter Global-Change
Bedingungen zu ermitteln. GLOWA-Danube
(www.glowa-danube.de) beschäftigt sich seit dem
Januar 2001 als Teil des Verbundes speziell mit
der Entwicklung und Anwendung des integrativen
Global Change Entscheidungs-Unterstützungs-
Systems DANUBIA. DANUBIA ist ein gekoppeltes
System von Modellen, das prinzipielle Prozesse
aus den Natur- und Gesellschaftswissenschaften
im Zusammenhang mit der Nutzung von Wasserressourcen
einzugsgebietsbezogen abbildet. Die
Entwickler von DANUBIA haben sich von der Erkenntnis
leiten lassen, dass komplexe Fragen zu
Auswirkungen globaler Veränderungen nur beantwortet
werden können, wenn das Zusammenspiel
und die Wechselwirkungen der beteiligten
Prozesse in Natur und Gesellschaft integrativ, d.h.
in ihrer gegenseitigen Beeinflussung, behandelt
werden. Bei der Entwicklung von DANUBIA wurde
Wert darauf gelegt, dass es darüber hinaus ein
Maximum an Vorhersagefähigkeit besitzt und damit
eventuell nötige Eichungen der Modelle am
heutigen Zustand des Einzugsgebiets, die eine
Anwendung für zukünftige Zustände einschränkt,
so weit wie möglich vermeidet. In seinem Endausbau
ist DANUBIA in der Lage, wasserbezogene
Umwelt-Themen unter ökologischen, ökonomischen
und kulturellen Aspekten zu simulieren und
die Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen Lösungsszenarien
zu untersuchen. Dadurch soll DANUBIA
dazu beitragen, optimale Lösungen für ein
nachhaltiges Umweltmanagement in großen, heterogenen
Einzugsgebieten zu finden. Im Rahmen
von GLOWA-Danube werden methodische
Grundlagen entwickelt und angewandt, um die
traditionell weit entfernten Bereiche Natur-, Ingenieur-
und sozioökonomische Wissenschaften zur
Identifikation nachhaltiger Strategien der Wassernutzung
zusammenzubringen.
GLOWA-Danube wird von einem intra-universitären
Forschungsteam, in der 3. Projektphase bestehend
aus 12 Forschungsgruppen an 10 Universitäten
und Forschungseinrichtungen aus Bayern,
Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-
Westfalen, Hamburg und Tirol getragen und vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) und den Ländern Bayern sowie Baden-
Württemberg gefördert. Das Forschungsteam besteht
aus mehr als 40 Wissenschaftlern, die den
folgenden Fachdisziplinen angehören:
- Hydrologie und Fernerkundung
(Ludwig-Maximilians-Universität München,
Department für Geographie)
- Grundwasserwirtschaft und Wasserversorgung
(Universität Stuttgart, Institut fürWasserbau)
Wasserwirtschaft
- Wasserwirtschaft
(Bayerisches Landesamt für Umwelt, Hof)
- Glaziologie
(Universität Innsbruck, Institut für Meteorologie
und Geophysik; Bayerische Akademie der
Wissenschaften, Kommission für Glaziologie)
- Informatik
(Ludwig-Maximilians-Universität München,
Institut für Informatik)
- Meteorologie
Ludwig-Maximilians-Universität München,
Institut für Meteorologie
- Regionale Klimamodellierung
(MPI Hamburg, Max-Planck-Institut für Meteorologie)
- Ökosysteme - Pflanzenökologie
(Universität zu Köln, Geographisches Institut)
- Agrarökonomie
(Universität Hohenheim, Institut für Landwirtschaftliche
Betriebslehre)
- Umweltpsychologie
(Universität Kassel, Center for Environmental
Systems Research)
- Umweltökonomie
(ifo Institut für Wirtschaftsforschung e.V. an
der Universität München, Bereich Umwelt,
Regionen und Verkehr)
- Tourismusforschung
(Ludwig-Maximilians-Universität München,
Department für Geographie)
2. Die Obere Donau als Piloteinzugsgebiet
GLOWA-Danube untersucht die Auswirkungen
der globalen Veränderungen auf den Wasserkreislauf
des Einzugsgebiets der Oberen Donau
bis zum Pegel Achleiten bei Passau (siehe Abbildung
E1.1). Mit seiner Fläche von 77.000 km²
stellt es ein Einzugsgebiet regionaler Größe dar,
in dem eine Vielzahl von natürlichen und anthropogenen
Faktoren Einfluss auf den Wasserhaushalt
zeigen. Die natürlichen hydrologischen und
klimatologischen Verhältnisse im Einzugsgebiet
der Oberen Donau sind sehr komplex. Sie werden
in hohem Maße von den Prozessen in den Alpen
bestimmt, die von starken Höhengradienten,
hohen Niederschlägen und der Schnee- und Eisdynamik
beeinflusst sind.
Abbildung E1.1: Das Einzugsgebiet der Oberen Donau
Datengrundlage: ESA (ENVISAT-MERIS, 10.09.2004)
Das Einzugsgebiet der Oberen Donau bietet mit
seiner gesamten Infrastruktur und den gemäßigten
Klimaverhältnissen für ca. 11,5 Mio. Menschen (Stand 2006)
einen attraktiven Lebensraum
mit einem hohen Lebens- und Hygienestandard.
Voraussetzung dafür ist u.a. die Versorgung mit
einer ausreichenden Menge an qualitativ hochwertigem
Wasser. Darüber hinaus stellt der im
Einzugsgebiet der Oberen Donau gebildete Abfluss
eine wichtige Lebens- und Wirtschaftsgrundlage
für die Unterliegerstaaten Österreich, Slowakei,
Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien,
Moldawien und Ukraine dar. Der Wasserhaushalt
im Einzugsgebiet bietet gegenwärtig
gute Bedingungen für alle Nutzer. Als entscheidender
Wirtschaftsfaktor wird Wasser auf vielfältige
Weise genutzt: im Haushalt, in der Landwirtschaft,
in der Industrie, zur Energiegewinnung und
im Tourismus.
Trinkwasser wird in Bayern zu 95% aus Grundund
Quellwasser gewonnen, davon können zwei
Drittel naturbelassen in das Versorgungsnetz abgegeben
werden. Nur 2,5% werden über die Entnahme
von Oberflächenwasser gewonnen. Auch Österreich muss nur sehr wenig Oberflächenwasser
für die Trinkwasserreserven verwenden.
Insgesamt gesehen wird in Österreich der Wasserbedarf
zu 50% von Quellwasser, zu 49% von
Grundwasser und nur zu weniger als 1% von
Oberflächenwasser abgedeckt. In Baden-Württemberg
wird das Trinkwasser zu 45% aus
Grundwasser, zu 34% aus Flusswasser und zu
17% aus Quellwasser bezogen, dabei muss der
Großteil enthärtet, gereinigt, gefiltert und z.T.
desinfiziert werden. Der Landesdurchschnitt
beim Trinkwasserverbrauch liegt in Bayern bei
135 l/EW*Tag, in Baden-Württemberg bei 123
l/EW*Tag und in Österreich bei 150 l/EW*Tag (die
Angaben entstammen den aktuellen Internet-
Seiten: www.lfu.bayern.de (Bayerisches Landesamt
für Umwelt), www.statistik-bw.de (Statistisches
Landesamt Baden-Württemberg), www.wassernet.at (Bundesministerium für Landund
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Österreich)). Dabei ist der Verbrauch
regional sehr unterschiedlich – sehr hohe Verbräuche
zählt man in Städten und Gemeinden
und in Regionen mit hohem Fremdenverkehrsaufkommen.
Für die öffentlichen Wasserdienstleister
ist die langfristige Entwicklung von Wasserangebot und Wassernachfrage ein zentrales
Kriterium, um auch in Zukunft eine sichere
Trinkwasserversorgung und eine geregelte Abwasserentsorgung
sicherstellen zu können. Dabei
spielt die Überwachung des Einzugsgebietes,
die Aufbereitung des Rohwassers und die
Sicherung der Trinkwasserqualität eine herausragende
Rolle.
Die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung
der Menschen ist aufgrund der vergleichsweise
geringen Wassermenge zukünftig eher ein technologisches und wirtschaftliches Problem. Dagegen
ist die Belastung der verfügbaren Wasserressourcen
durch andere Bereiche weitaus höher.
Die bei weitem intensivsten Wassernutzer im Einzugsgebiet
der Oberen Donau sind die Landwirtschaft
und die Energiewirtschaft. So benötigt beispielsweise
die Produktion eines Kilogramms
Mehl ca. 550 Liter Wasser, die die Getreidepflanzen
während ihres Wachstums verdunsten. Zur
Stromerzeugung aus erneuerbaren Naturressourcen
werden große Anteile des Abflusses der
Oberen Donau und seiner Nebenflüsse wegen
der großen Höhenunterschiede im Einzugsgebiet
bereits heute genutzt und damit auch reguliert.
Hinzu kommt die steigende Nutzung des
Wassers zur Unterstützung des Wintertourismus
durch die Erzeugung von Kunstschnee.
Darüber hinaus sprechen die folgenden Gründe
für die Auswahl des Einzugsgebiets der Oberen
Donau als Pilotgebiet für die Entwicklung von
DANUBIA:
- Die Größe des Einzugsgebietes von fast
80.000 km² sowie seine vielfältige administrative
Struktur im Bereich der Wasserwirtschaft
sorgt für Komplexität und Relevanz für Managementfragen
im Rahmen der Nachhaltigkeit
der Wassernutzung.
- Die starken räumlichen Gradienten aller beteiligten
Größen (z. B. Wasser, Stickstoff, Kapital)
sorgen für starke räumliche Vernetzung
sowie starke räumliche Wechselwirkung innerhalb
des Einzugsgebiets in Form lateraler
Ströme. Dies bezieht sich neben dem Wasserhaushalt
u.a. beispielsweise auch auf den
Tourismus und die Migration.
- Es ist zu erwarten, dass sich Klimaänderungen
wegen des Höhengradienten im Einzugsgebiet
der Oberen Donau stark bemerkbar
machen werden. Dies bewirkt Veränderungen
u.a. der natürlichen Vegetation, der landwirtschaftlichen
Struktur sowie des Fremdenverkehrs.
Gegebene Konflikte zwischen Landwirtschaft,
Wasserwirtschaft und Tourismus
werden so verschärft.
- Sowohl die exzellente Datengrundlage als
auch die Notwendigkeit der Harmonisierung
unterschiedlicher Datenbestände aus verschiedenen
Ländern macht die Obere Donau
zu einem geeigneten Pilot-Einzugsgebiet für
die in der EU-Wasserrahmenrichtlinie geforderte
einzugsgebietsbezogene Wasserwirtschaft
(BMU, 2005).
Die Obere Donau ist somit ein hervorragend
geeignetes, mesoskaliges Untersuchungsgebiet
und repräsentativ für Gebirgs-Vorland Regionen
in den temperierten Mittelbreiten.
3. Die Klimaentwicklung im Einzugsgebiet der
Oberen Donau
Eine Fülle von Material liegt vor, welches dokumentiert,
dass das Einzugsgebiet der Oberen Donau
in den letzten 800.000 Jahren massive Veränderungen
durchlebt hat. Sie haben ihre Ursache
in einer regelmäßigen Abfolge von Eiszeiten.
Diese haben zu unterschiedlich stark ausgeprägten
Vergletscherungen der Alpen, des Alpenvorlandes
und Teilen des Bayerischen Waldes geführt.
Dies hatte regelmäßig eine weitgehende
Verdrängung und Wiederansiedlung der Vegetation,
Bildung von Lößansammlungen im Tertiärhügelland
sowie Ablagerung großer Mengen von
Moränenmaterial im Alpenvorland und Schottermengen
in der Münchner Schotterebene zur Folge.
Als Ursachen dieser massiven eiszeitlichen
Klimaveränderungen sind inzwischen die zyklischen
Veränderungen der Erdumlaufbahn um die
Sonne identifiziert, deren zeitliche Dynamik im
Bereich von Jahrtausenden anzusiedeln ist.
4. Die globale Klimaveränderung und bereits
eingetretene Auswirkungen
Durch die Forschung der letzten Jahre liegt eine
Vielzahl konkreter Hinweise auf viel dynamischere,
vom Menschen ausgelöste Veränderungen
der natürlichen Rahmenbedingungen vor.
Sie beziehen sich vorwiegend auf den Globalen
Klimawandel. Dies zeigt sich in der gemessenen globalen Temperatur, die während des letzten
Jahrhunderts bereits um 0,6°C zugenommen hat.
Die regionalen Folgen des Globalen Klimawandels
zeigen sich schon heute in den Messreihen
der meteorologischen Stationsnetze an der Oberen
Donau. So bestätigen die Analysen der Langzeit-
Messreihen des Deutschen Wetterdienstes
den weltweiten Trend zur Temperaturerhöhung
(KLIWA, 2005a). Im Einzugsgebiet der Oberen
Donau hat sich die bodennahe Lufttemperatur in
den letzten 100 Jahren erhöht. Im Frühling und
Sommer wurde ein Rückgang der Niederschläge
beobachtet, Winterniederschläge haben dagegen
in großen Teilen des Einzugsgebietes zugenommen
(BayFORKLIM, 1999; KLIWA, 2005b).
Auch jenseits des reinen Temperaturanstiegs
wurden in den letzten Jahren weitere regionale
Folgen der globalen Erwärmung sichtbar.
Meteorologische Extremsituationen mit Starkregen,
Hochwasser und Hitzewellen sind dabei genauso
zu beobachten wie langfristige Entwicklungen
und deren Folgen; dazu zählen u.a.
- der eklatante Rückgang der Alpengletscher
und damit sowohl der Verlust an natürlichen
Süßwasserreserven für niederschlagsarme
Zeiträume als auch die Verringerung der Speicherkapazität
bei anhaltenden Niederschlägen
und dem dadurch bedingten Verlust des
Hochwasserschutzes. Wenn die Erwärmung
mit dem selben Tempo wie in den letzten 20
Jahren fortschreitet, werden zumindest die
Ostalpen in 70 bis 100 Jahren völlig eisfrei
sein - der Schneeferner (Zugspitze) könnte bei anhaltender Schmelze sogar schon in 15 bis
25 Jahren völlig verschwinden (Weber, 2008)
- die Abnahme der Sommerniederschläge und
damit eine Änderung im Abflussregime mit
Auswirkungen auf die Wasserführung der
Flüsse und die Speicherfunktion der Seen, die
wiederum Einfluss haben auf Schifffahrt,
Energieproduktion, Kühlwassermengen und Ökologie
- die Veränderungen der Schneedeckendauer
und den damit verbundenen Auswirkungen
auf Ökologie und Ökonomie
- die Veränderung der saisonalen mittleren
Temperaturen und Niederschläge und den damit
verbundenen räumlichen und zeitlichen
Auswirkungen auf die Eignung und denAnbau
landwirtschaftlicher Nutzpflanzen.
- die Veränderung der Phänologie der natürlichen
Vegetation sowie der Nutzpflanzen mit
einer bereits eingetretenen Vorverlegung der Blüte und einer Verzögerung der Reife (Menzel &Fabian, 1999).
Der Globale Wandel ist auch im Einzugsgebiet
der Oberen Donau sichtbar und messbar und bezieht
sich meist im Vergleich auf die letzten 100
Jahre. Nachfolgend einige Beispiele ( siehe auch
Abbildung E1.2):
- Strukturwandel in der Landwirtschaft (Beispiel
Agrarökonomie: in Baden-Württemberg deutlicher
Rückgang bei der Anzahl und Größe der
Betriebe seit 1950)
- Erhöhung der mittleren Jahrestemperatur (Beispiel
Meteorologie: Zeitreihe der Messstation
Hohenpeißenberg (Bayern) der Jahre 1880-
2000 im Vergleich zum langjährigen Jahresmittel
1971-1990)
- Änderungen im Wasserverbrauch (Beispiel
Umweltpsychologie: steigt die Außentemperatur,
duschen Personen häufiger)
- Verändertes Niederschlags- und Abflussregime
mit auffallenden Hochwasserereignissen
(Beispiel Wasserwirtschaft/Oberflächengewässer:
Hochwasser an der Donau)
- Änderung des Niederschlagsverhaltens mit
häufigerem Starkregen (>25mm/h) und größerem
Gewitteraufkommen mit Wolkenbrüchen,
Sturzfluten, Hagel, Blitzschlag und
Windböen über 120km/h (Beispiel Regionale
Klimamodellierung: relative Änderung der
Niederschläge in Deutschland)
- Änderung der Schneedeckendauer und -dicke
in Verbindung mit Änderungen bei der Wasserentnahme für Beschneiungsanlagen (Beispiel
Tourismusforschung: Schneekanonen in
einem Wintersportgebiet mittlerer Höhenlage)
- Gletscherschwund in den alpinen Hochlagen
(Beispiel Glaziologie: Vergleich des Gletscherstandes
1898 und 2005 am Vernagtferner, Ötztaler Alpen)
Abbildung: E1.2: Natur- und gesellschaftswissenschaftliche Teilprojekte bei GLOWA-Danube
5. Die Perspektiven des Globalen Wandels im
Einzugsgebiet der Oberen Donau
Die Klimaszenarien des 4. Zustandsberichts des
IPCC zeigen für das 21. Jahrhundert einen Anstieg
der mittleren globalen Temperatur (IPCC,
2007): die beste Schätzung für ein niedriges
Szenario beträgt 1,8°C (Schwankungsbreite 1,1-
2,9°C) und die beste Schätzung für ein hohes
Szenario ist 4,0°C (Schwankungsbreite 2,4-
6,4°C). Allgemein führt ein Temperaturanstieg zu
einer Intensivierung des
Wasserkreislaufs, was
sich in erhöhten Verdunstungs- und Niederschlagsraten äußert. Es ist zu erwarten, dass
Klimaveränderungen mit erheblichen Auswirkungen
auf den Wasserhaushalt verbunden sein
werden. Dies betrifft nicht nur die veränderte
Wasserverfügbarkeit für Natur und Mensch sondern
auch die Veränderungen von Häufigkeit und
Intensität der Hoch- und Niedrigwasserereignisse.
Parallel zur Veränderung des Klimas und seinen
Auswirkungen auf den Wasserkreislauf im Einzugsgebiet
der Oberen Donau laufen auf anderen
Handlungssträngen ebenfalls absehbare Veränderungen
ab, die bei einer Evaluierung der regionalen
Perspektiven des Globalen Wandels im
Einzugsgebiet der Oberen Donau berücksichtigt
werden müssen. In den nächsten 30-40 Jahren ist
im Einzugsgebiet der Oberen Donau mit einer Bevölkerungszunahme
zu rechnen. Es ist zu erwarten,
dass damit die Wassernachfrage bis 2015
um 1,3 bis 9% steigen könnte (BMU, 2005). Danach
allerdings wird die Entwicklung voraussichtlich
in den generell in Mitteleuropa zu beobachtenden
Trend eines Bevölkerungsrückgangs und
einer starken Zunahme des mittleren Lebensalters
münden. Inwieweit dies den Wettstreit zwischen
den Menschen und der Natur um die Ressource
Wasser entschärfen wird oder eher verschärft
ist zu untersuchen.
Zur Aufrechterhaltung des Wintertourismus, insbesondere
in mittleren Gebirgslagen, müssen
vermehrt Schneekanonen eingesetzt werden.
Um eine Schneehöhe von 30 Zentimetern zu
erzeugen, benötigen Beschneiungsanlagen eine
Million Liter Wasser pro Hektar. Zum Teil müssen
dafür Bäche umgeleitet oder künstliche Seen
angelegt werden, um den Wassernachschub zu
sichern (Lutz, 2000).
In Hitzeperioden kann bislang ein Teil des benötigten
Wassers durch das Schmelzwasser der
Gletscher ausgeglichen werden. Sind diese verschwunden,
müssen andere, technische Lösungen
gefunden werden, um möglichen Trinkwassermangel
und Engpässe bei der Energieversorgung
im Sommer zu vermeiden. Dies betrifft
nicht nur den Betrieb von Wasserkraftanlagen,
auch thermische Kraftwerke benötigen erhebliche
Wassermengen zur Dampferzeugung und
vor allem zum Abtransport von Abwärme. Dass
dieses Problem keinesfalls eine Fiktion ist, konnte
man erstmals im Sommer 2003 (Braun &
Weber, 2007) und auch im Sommer 2005 erfahren,
als Kraftwerke ihre Leistung drosseln
mussten.
Eine Änderung in der Verfügbarkeit von Verdunstungswasser
in den agrarischen Anbaugebieten
der Oberen Donau kann bei Überschreitung
kritischer Schwellwerte zu einschneidenden Änderungen in der Landwirtschaft führen, wie
z.B. der Einführung von Bewässerungsanlagen
oder neuen Nutzpflanzen. Dieser Prozess wird überlagert vom allgemeinen Strukturwandel in
der Landwirtschaft sowie einer fortschreitenden Öffnung der europäischen Agrarmärkte.
Erhöhte Aufmerksamkeit muss der Entwicklung
von Niederschlag und Abfluss gelten, da im Winterhalbjahr
im Alpenvorland verstärkte Hochwassersituationen
auftreten können, während im
Sommer schon jetzt relativ trockene Regionen
mit einer Abnahme von Niederschlag und Grundwasserneubildung
rechnen müssen (BayFOR
KLIM, 1999).
Die Obere Donau ist unter heutigen Klimabedingungen
ein bedeutender Wasserexporteur und
befriedigt vor allem im Sommer mit den aus den
Alpen stammenden Abflüssen einen Großteil des
Wasserbedarfs der Unterlieger entlang der Donau
bis zum Schwarzen Meer. Es ist abzusehen, dass
diese Länder im Laufe des 21. Jahrhunderts Mitglieder der Europäischen Union werden und somit
das gesamte Einzugsgebiet der Donau Teil der
Europäischen Union sein wird. Dies wirft als zentrale Frage des integrierten Einzugsgebietsmanagements
die optimale zukünftige Zuweisung des
von der Donau bereit gestellten Abflusses auf. Ist
in diesem Zusammenhang z.B. ein eventuell notwendigerAusbau
der Bewässerung in der Oberen
Donau mit dem damit verbundenen erhöhten Verbrauch
von Verdunstungswasser einer klimatisch
und ökonomisch gebotenen Intensivierung der Landwirtschaft im Unterlauf vorzuziehen, auch
wenn dies zwangsläufig zu einer Extensivierung
der Landwirtschaft im Oberlauf führt?
Die aufgeworfenen Fragen, die in ihrer Spannweite
keineswegs vollständig sein können, geben
bei der Suche nach geeigneten Handlungsstrategien
zur positiven Beeinflussung der zukünftigen
Entwicklung eine Vorstellung der Komplexität des
Vorhabens.
6. Szenarien
Die Entwicklung integrativer und interdisziplinärer
Methoden und Modelle im Rahmen von DANUBIA,
die Formulierung von Szenarien zukünftiger
Wirklichkeiten sowie eine möglichst realitätsnahe
Simulation der Folgen der in den Szenarien
entwickelten Annahmen über die zukünftige
Entwicklung geben Entscheidungsträgern und
Stakeholdern die Möglichkeit, verschiedene
Handlungsoptionen durchzuspielen und auf ihre
Nachhaltigkeit hin zu untersuchen. Es gilt dabei,
mögliche Auswirkungen sowohl auf die ökosystemaren
Dienstleistungen des Einzugsgebiets
als auch auf die Lebensbedingungen der Menschen
zu untersuchen.
Hierzu soll das im Projekt GLOWA-Danube entwickelte
Global Change Entscheidungs-Unterstützungssystem
DANUBIA einen Beitrag liefern.
Der Beitrag besteht in einer möglichst realitätsnahen
Abbildung der zukünftigen Entwicklung
von Aspekten der Gesellschaft und der Natur.
DANUBIA wird dabei mit unterschiedlichen ordnungspolitischen
Entscheidungs-Alternativen
sowie globalen Entwicklungstrends (z.B. Klima,
Wirtschaft) konfrontiert, die von den beteiligten
Stakeholdern entwickelt und daraufhin dem Modell
mitgeteilt werden. Aufgabe von DANUBIA ist
es, unter Nutzung aller verfügbaren Teilmodelle
zur Beschreibung des gekoppelten Verhaltens
der Natur und der Menschen die Konsequenz der
Entscheidungs-Alternativen und der zugrundegelegten
Trends so realistisch wie möglich zu
simulieren und die Ergebnisse der Simulation so
aufzubereiten, dass sie von den beteiligten
Stakeholdern bewertet werden können.
Beim jetzigen Stand der Entwicklung von DANUBIA
ist zunächst die Annahme sinnvoll, dass
sich nur das Klima ändert.Weitere sich ändernde
Randbedingungen können nur über die in DANUBIA
repräsentierten wirkenden Akteure im Einzugsgebiet
der Oberen Donau Einfluss nehmen.
So stellt z.B. eine Änderung der Agrarpolitik der
EU eine Änderung von externen Randbedingungen
für die Landwirte in DANUBIA dar. Alle in
DANUBIA als Akteure repräsentativ abgebildeten
Landwirte reagieren (in unterschiedlicher Weise)
darauf, indem sie diese Änderungen in ihre mikroökonomischen
Berechnungen einbeziehen
und auf deren Grundlage weitere Entscheidungen
treffen. In ähnlicher Weise wird das Verhalten
der Haushalte beim Trinkwasserverbrauch als
Reaktion auf den Wasserpreis und mögliche Verknappungen
in DANUBIA behandelt.
7. Der Global Change Atlas -
Einzugsgebiet Obere Donau
Im Rahmen von GLOWA-Danube wurde im Jahr
2004 mit der Konzeption und der Entwicklung des „Global Change Atlas Einzugsgebiet Obere Donau“
als Druck- und Online-Version (www.glowadanube.de/atlas) begonnen. Vorwiegender Zweck
desAtlas ist es, die sektoralen und integrativen Ergebnisse
von DANUBIA sichtbar zu machen, gemeinsam
zu dokumentieren und sie als Diskussionsgrundlage
für Stakeholder und Entscheidungsträger
zur Verfügung zu stellen. Der gedruckte
Atlas ist als offenes Ringbuch konzipiert
und erlaubt somit eine ständige Verbesserung, Ergänzung
und Erweiterung als Reaktion auf neu
entwickelte Szenarien bzw. auf neue Erkenntnisse
zu den zu erwartenden globalen und regionalen
Trends. In diesem Sinn unterscheidet sich der Atlas
als dynamisches Werkzeug zur Unterstützung
eines offenen Diskussionsprozesses vom klassischen Ansatz
von Atlanten.
In Kapitel 1 beschreiben die beteiligten Wissenschaftlergruppen
den Natur- und Sozialraum des
Pilot-Einzugsgebietes der Oberen Donau. Die
dort abgebildeten Daten bilden die Grundlagen
für die Modell- und Simulationsrechnungen. Jeder Beitrag besteht aus einer oder mehreren Karten,
die den jeweiligen Basisdatensatz darstellen
und einem Text, der die Bedeutung und Entstehung
dieses Datensatzes erklärt.
In Kapitel 2 beschreiben die einzelnen Fachdisziplinen
ihre jeweiligen Teilmodelle von DANUBIA,
die dafür notwendigen Daten sowie Validierungen
anhand gemessener Zielgrößen. Aus dem
jeweiligen Modell berechnete ausgewählte Datensätze
werden dabei als Karte dargestellt. Jeder
Beitrag umfasst auch hier eine Text- und eine
Kartenseite.
In Kapitel 3 werden die Simulationsergebnisse
unterschiedlicher Szenariorechnungen über die
möglichen Entwicklungen der Oberen Donau in
den nächsten Jahrzehnten dokumentiert. Dieser
Teil ist zu Beginn der Dokumentation naturgemäß
noch unvollständig und auf ausgewählte
Teilaspekte beschränkt. Ein fortlaufender Diskussionsprozess
mit Entscheidungsträgern und Stakeholdern,
in dessen Verlauf gemeinsame Szenarien über mögliche zukünftige Veränderungen
entwickelt werden, soll diesen Teil zukünftig dynamisch
wachsen lassen.
Zur Verdeutlichung, ob es sich bei dem jeweils
dargestellten Karteninhalt um einen Eingabedatensatz
für DANUBIA bzw. um ein Ergebnis der
Modellrechnungen mit DANUBIA handelt, wurde
ein entsprechendes Logo in der linken unteren
Ecke der Karte platziert:
Kartenblätter mit Themen zu Wasserverbrauch
bzw. Wasserentnahme weisen zur besseren Vergleichbarkeit
drei Maßeinheiten auf. Dabei wurden
die in der jeweiligen Disziplin üblichen Werte
in zwei weitere Einheiten umgerechnet. Dies
führt zu den diskontinuierlichen Werteintervallen
in den entsprechenden Kartenlegenden.
Autoren
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und geographische Fernerkundung,
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Univ. Bayreuth: Nationalpark Berchtesgaden.
Kommission für Glaziologie - Bayerische
Akademie der Wissenschaften: Vernagtferner.
PixelQuelle (www.Pixelquelle.de): Kühles Nass, Sonnenaufgang Chiemsee, Kraftwerk Voerde,
Schneekanonen, Donau-Hochwasser Regensburg.
Stadt Passau: Passau. Wiss.
Zentrum f.Umweltsystemforschung, Univ. Kassel: Duscher/Denker, © by Anna
von Lilienfeld-Toal.
MPI-M Hamburg: Klimamodellierung. (Stand 2008)
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